Soziale Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderung

Vortrag im Institut Mensch, Ethik, Wissenschaft am 10.03.2009 in der Reihe 'Friedrichshainer Kolloquium'

Prof. Dr. Johannes Eurich

Vor kurzem wurde in der Süddeutschen Zeitung von der Elternschaft von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung berichtet.[1] „Vor 20 Jahren kamen die Kinder nach der Geburt automatisch zu Pflegeeltern oder wurden zur Adoption freigegeben, mit Hinweis auf das Kindeswohl.“[2] Heute sieht die Situation schon etwas anders aus: mehr als 2000 Kinder leben in Deutschland bei geistig behinderten Müttern oder Vätern, viele von ihnen in speziellen Projekten von Behinderteneinrichtungen. Gibt es ein Recht auf das eigene Kind? Wenn Sexualität zum Menschsein gehört und nicht verboten werden kann und darf, dann stellt sich auch die Frage nach der Elternschaft geistig behinderter Menschen. Dabei kann es zum ethischen Konflikt zwischen dem Menschenrecht auf Sexualität und dem Wohl des Kindes kommen. Besondere Anleitung und Unterstützung für die einzelnen Mütter und Väter ist notwendig. „Wenn eine Mutter mit einem Neugeborenen einzieht, sind drei Sozialpädagogen im Schichtdienst Tag und Nacht im Haus, mindestens drei Monate lang. Später, wenn die Mütter sicherer geworden sind, ist das Büro von 7 Uhr bis 21 Uhr besetzt, nachts gibt es eine Rufbereitschaft“[3], so wird von dem Projekt „Unterstützte Elternschaft“ der Stiftung Hephata in Mönchengladbach berichtet.  Der Direktor der Stiftung, Pfarrer Christian Dopheide, kennt auch die Kritik an solchen Projekten: „Wohlfahrt de luxe sei es, wenn eine geistig behinderte Mutter bis zu drei Betreuerinnen habe, arme Alleinerziehende aber auf der Strecke blieben mit all ihren Grundrechten.“[4] Sechs behinderte Mütter mit ihren Kindern werden heute von der Stiftung betreut, doch es kommen ständig flehende Anfragen nach Aufnahme in das Projekt.

Was bedeutet soziale Gerechtigkeit am Beispiel der Elternschaft von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung? Man kann diese Frage nicht mit einem Satz beantworten. Sicherlich geht es dabei um Grundrechte, die auch für Menschen mit Behinderung gelten müssen. Gleichzeitig wird an diesem einleitenden Beispiel deutlich, dass Gerechtigkeit ein Verhältniswort ist, bei dem ganz unterschiedliche Aspekte zum Tragen kommen. Wie viel Unterstützung soll eine Gesellschaft behinderten Eltern gewähren? Welche Kriterien für die Zuteilung von Gütern können dafür gefunden werden? Wie verhält sich die Unterstützung von behinderten Menschen zur Unterstützung von armen Menschen? Wer bzw. was hat Vorrang? Gibt es Möglichkeiten der Priorisierung? Können auf Grundlage der Verteilungsgerechtigkeit, also durch die Verteilung von Gütern, überhaupt Lebensverhältnisse, die man auch für Menschen mit Behinderung als fair bezeichnen kann, erreicht werden? Oder beruhen sozial gerechte Verhältnisse auf lebendigen Beziehungen sich wechselseitig anerkennender Personen? Diese Fragen spannen einen breiten Diskussionshorizont auf, aus dem ich im Folgenden zwei Punkte herausgreifen möchte: (1) Zum einen möchte ich das Akteurmodell hinterfragen, das liberalen Gerechtigkeitstheorien zugrunde liegt. Dabei werde ich versuchen, Bezüge zum eben erwähnten Beispiel der Eheschließung und Elternschaft von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung herzustellen. (2) Zum anderen möchte ich aufzeigen, welche Schwierigkeiten sich ergeben, wenn die Teilhabe behinderter Menschen im Rahmen der Disability Studies über die Figur der bürgerlichen Selbstbestimmung angestrebt wird. (3) Zum Schluss gebe ich noch eine Zusammenfassung der beiden Punkte und versuche im Ausblick einen alternativen Ansatz anzudeuten.

1.      Soziale Gerechtigkeit in liberaler Tradition und Schwierigkeiten des zugrunde liegenden Akteurmodells

Was ist unter „sozialer Gerechtigkeit“ zu verstehen? Dieser heterogene, mannigfaltige und oftmals auch diffuse Begriff kann nach Müller und We­gener mit folgendem inhaltlichen Kern umschrieben werden: Zum Kern sozialer Gerechtigkeit „gehören die Menschenrechte als Bürgerrechte, welche die allgemeinen Rechte und Freiheiten der Bürger umfassen (recht­liche Gleichheit); die politische Teilhabe (politische Gleichheit); und die mit den Bedürfnissen und Leistungen der Menschen abgestimmte Vertei­lung wirtschaftlicher und sozialer Ressourcen und Güter (soziale Gleich­heit)“[5]. Die so umrissene Vorstellung sozialer Gerechtigkeit kann dem normativen Fundament moderner Demokratien zugeordnet werden. Des­halb werden unter ihr im Allgemeinen alle jene Standards verstanden, „welche die institutionelle Verfassung und die Rechte und Pflichten einer Gesellschaft betreffen“[6]. Was heißt dies für Menschen mit Behinderung? Die spezifischen Fragen, die eine Behinderung gerechtigkeits­theoretisch aufwirft wie zum Beispiel die Fragen nach Gewährung zusätzli­cher Güter aufgrund erhöhter Bedarfe oder Begründung besonderer Un­terstützungsleistungen etwa im Fall der Elternschaft sind nicht losgelöst von grundsätzlichen Gerechtig­keitsprinzipien wie fairer Chancengleichheit und ihrer Verankerung in der institutionellen Ordnung einer Gesellschaft adäquat zu bearbeiten.[7] Die Frage ist jedoch, ob die spezifischen Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung durch allgemeine Gerechtigkeitsprinzipien hinreichend erfasst werden können. Können über den Ansatz der Verteilung von handelbaren Gütern sozial gerechte Verhältnisse für Menschen mit Behinderung erzielt werden? Die Diskussion um den Fähigkeitenansatz von Sen hat gezeigt, dass nicht nur die Zuteilung von Gütern, also welche und wie viele Güter eine Person erhält, sondern auch die Fähigkeit, diese entsprechend nutzen zu können, also was die Person mit den Gütern bewerkstelligen kann, zu beachten ist.[8] Man muss also genauer nachfragen, wie das handelnde Subjekt gedacht wird. Viele liberale Gerechtigkeitstheorien gehen vom freiheits- und verantwortungsfähigen Individuum aus. Daher möchte ich zunächst den Begriff der Person und ihrer Autonomie näher beleuchten.

Natürlich, so muss man einräumen, gibt es nicht den einen Personbegriff der europäischen Kulturgeschichte.[9]  Trotz unterschiedlich ausgebildeter Personkonzepte in der Neuzeit denke ich aber, dass einige grundlegende Momente des neuzeitlichen, vom Subjektivitätsdenken geprägten Personbegriffs benannt werden können, die viele Gerechtigkeits-Entwürfe teilen:

·        Der Mensch wird bestimmt als Vernunft- und Freiheitswesen,

·        das befähigt ist zu einer umfassenden Selbstverfügung aus eigenem Urteil.

·        Dies begründet zum einen seine Verantwortung,

·        zum andern seine Unverfügbarkeit und damit

·        die Unantastbarkeit seiner Würde als Person.

In liberaler Perspektive kommt der so begründeten Autonomie des Individuums ein zentraler Stellenwert zu. Der kantische Personbegriff fasst den Menschen „als Subjekt einer moralisch-praktischen Vernunft“ auf. Die Autonomie des Subjekts bezieht sich - wie z.B. im Urzustand in John Rawls‘ „Theorie der Gerechtigkeit“[10] - auf die Fähigkeit einer Person, ein moralisches und rationales Urteil fällen zu können. So beinhaltet individuelle Freiheit nach Rawls, eine „self-authenticating source of valid claims“[11] zu sein. Entsprechend wird in kontraktualistischen Gesellschaftsmodellen davon ausgegangen, dass die einzelnen Akteure ihre Interessen artikulieren und Kooperationen miteinander eingehen.

Es gibt nun, z.B. im Kommunitarismus oder bei Axel Honneth, eine eingehende Kritik dieses individuellen Autonomieverständnisses.[12] Sie soll hier nicht wiederholt werden. Ich möchte stattdessen fragen, inwieweit dieses Verständnis Menschen mit Behinderung einschließt.[13] Die Fähigkeit zur Selbstbestimmung setzt das Vermögen der Selbstreflexion und ein gewisses Maß an effektiver Handlungsfähigkeit voraus. Das philosophische Verständnis von Selbstbestimmung legt die Messlatte dabei sehr hoch: „Nur ein Akteur, der zur eigenständigen Verfolgung selbstgesetzter Ziele imstande ist, verdient im vollen Sinne das Prädikat ‚selbstbestimmt‘“[14].  Bei Menschen mit einer schweren geistigen oder psychischen Beeinträchtigung ist die Fähigkeit zur Selbstbestimmung in diesem Sinne nicht grundsätzlich gegeben.

Hieran schließt sich meine These an: Der gleiche Status als Rechtssubjekte ist – selbst bei erhöhter Grundgüterausstattung – nicht hinreichend, damit behinderte Menschen auch tatsächlich in den Stand versetzt werden, als Kooperationspartner in der wohlgeordneten Gesellschaft auftreten zu können. Hier ist ein grundsätzlicher Perspektivwechsel vonnöten, denn das liberale Kooperationsverständnis bedingt, dass unterstützungs-bedürftige Menschen an das im Gesellschaftsvertrag zugrunde gelegte Niveau der Kooperation herangeführt werden – oder sie fallen aus den im Gesellschaftsvertrag begründeten Tauschverhältnissen heraus. Die Zielperspektive sollte aber nicht darin bestehen, Menschen mit Behinderung auf ein möglichst „normales“ Niveau der Kooperation zu bringen, sondern sie in ihrem Sosein als Ausdruck ihrer Würde zu achten und daran anschließend danach zu fragen, wie Regelungen beschaffen sein müssen, damit alle Formen menschlichen Lebens in einer Gesellschaft zur gleichberechtigten Teilhabe gelangen können.

Ich möchte diese Überlegungen näher erläutern: In liberalen Ansätzen wird die Ungleichheit zwischen Menschen mit und ohne Behinderung insofern stärker hervorgehoben, als sie ein be­stimmtes Bild vom Menschen zugrunde legen. Solange das Ideal des auto­nomen Selbst vorausgesetzt werden kann, können die einzelnen Individuen ihre Interessen mittels des Vertragsgedankens koordinieren und zu einem Konsens hinsichtlich allgemeiner Regeln gelangen. Liberale Gerechtigkeits­entwürfe bauen so auf reziproken Verhältnissen gesellschaftlicher Akteure auf. Die Spannung zwischen der Freiheit des Einzelnen und der Gleichheit aller kann nun dazu führen, dass bei Betonung der Freiheit der Grundsatz der Gleichheit aller Menschen in einzelnen Fällen abgeschwächt wird, so dass Menschen Statusverluste erleiden, sobald sie die Fähigkeiten zur Aus­übung von Freiheit nur noch bedingt besitzen. Am Beispiel von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung kann gezeigt werden: Sind die Kennzeichen und Potentiale, die für die Autonomie des Menschen grundlegend sind wie Rationalität, Willensfreiheit oder moralisches Urteilsvermögen, nur teil­weise vorhanden beziehungsweise ausgebildet, wird mit der Einschränkung dieser Merkmale zugleich der Schutz der Personenwürde oder ihrer Rechte in Frage gestellt.[15] Dies kann am Eingangsbeispiel verdeutlicht werden: Bereits der Heiratswunsch von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung kann ein schwer zu überwindendes Hindernis darstellen: „Der Standesbeamte hatte sich geweigert, zwei geistig Behinderte zu trauen, und die Sozialpädagogin Höfer musste ihm erklären, dass es seine Pflicht sei zu prüfen, ob die Beeinträchtigung der Geistestätigkeit sich auf die Ehe erstrecke. Er prüfte und war erstaunt, wie überlegt die beiden waren, ernsthafter als viele andere Paare.“[16] Nicht immer erfahren behinderte Menschen diese Beachtung ihrer Rechte. Ohne die Intervention der Sozialpädagogin, so darf auch bei diesem Beispiel vermutet werden, wäre es nicht zu einer Eheschließung gekommen.

Das Problem liegt dabei nicht bei dem als hohem Grundrecht verbürgten Selbstbestimmungsrecht des Menschen, sondern in den wechselseitigen Anerkennungsakten, auf Grundlage derer in liberalen Theorien die autonom gedachten Individuen vertragliche Übereinkünfte erzielen und auf diese Weise Freiheitsrechte konstituieren. Solche Anerkennungsakte erfordern symmetrische Beziehungen zwischen wohl informierten, frei entscheidungsfähigen Akteuren. Menschen, die in ihrer Fähigkeit selbstbestimmt zu leben und zu entscheiden eingeschränkt oder behindert sind, bleiben aus dieser Wechselseitigkeit ausgeschlossen. Der Standesbeamte, der die Eheschließung verweigert, erkennt eben keine symmetrische Beziehung als gegeben an. Wie kann dann die Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben realisiert werden?

2.      Teilhabe und die Figur der bürgerlichen Selbstbestimmung

Ausgehend von der Beobachtung, dass Menschen mit Behinderung nach wie vor in westlichen Gesellschaften als minderwertig angesehen werden,  lautet eine zentrale These der Disability Studies, dass durch distributive Kategorisierungen (also nach Maßgabe der Verteilungsgerechtigkeit) Klassen von Bedürftigen produziert werden, die durch diese eher isoliert als gesellschaftlich inte­griert werden.[17] Zurückgeführt wird dies auf die grundlegenden Ideen darüber, wie eine Gesellschaft geordnet sein soll. Heute herrscht die Vor­stellung der kooperativen Gesellschaft vor, in der die Menschen in pro­duktiver, kommerzieller und bürgerlicher Interaktion ihre Ziele verfolgen können. Dieses Modell setzt ein gesundes, voll handlungsfähiges Individuum voraus, das als Norm für alle Prozesse der Interaktion zugrunde gelegt wird. Sozial herrscht daher der Drang vor, abweichende Individuen zu normieren, also dem zugrunde liegenden Bild anzupassen. Gleichwertigkeit kann dann nur für die Menschen angestrebt werden, die nach diesem Bild geformt und integriert werden können. Ist dies aufgrund von Beeinträchtigungen nicht möglich, sind eingeschränkte soziale Rollenzuweisungen die Folge. Die Restriktionen in der sozialen Rolle von behinderten Menschen werden als Kern der Diskriminierung identifiziert.

Dem entsprechend wird versucht, die gesellschaftspolitische Brisanz dieser Perspektive in politische Handlungsmöglichkeiten für mehr Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu überführen und die Opfer von Ausgrenzung und Benachteiligung selbst in die Lage zu versetzen, sich zu Wort zu melden.  Als politische Strategie wird die Aufwertung der sozialen Rolle von Menschen mit Behinderung im Sinne der kulturellen Gleichwertigkeit propagiert: Da eines der zentralen Ziele in der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderung besteht, wird auf die Bewusstmachung und Überwindung unterdrückender sozialer und kultureller Praktiken und die Etablierung einer eigenen Behindertenkultur hingearbeitet. Gerechtigkeitstheoretisch geht es daher nicht nur um die Herstellung von Chancengleichheit, sondern auch um die Gewährleistung kultureller Gleichwertigkeit. Teilhabe mündet in die Forderung nach einer Politik der kulturellen Anerkennung, die bereits vom Normalisierungsgedanken herkommend gefordert worden war: „Der weitest mögliche Einsatz kulturell positiv bewerteter Mittel mit dem Ziel, den Menschen Lebensbedingungen zu ermöglichen, die mindestens so gut sind wie die eines durchschnittlichen Bürgers und ihnen eine positiv bewertete Rolle zu ermög­lichen, sie zu entwickeln, zu verbessern und/oder zu erhalten.“[18]

Allerdings muss gesehen werden, dass dieser Strategie, die in den Disability Studies verfolgt wird, die Gefahr des Dualismus bzw. der Spaltung innewohnt.[19] Denn bei der Anerkennung von Differenz, also etwa einer Behindertenkultur, wird das Marginale gegen die Folie des Dominanten gelesen, also etwa eine Behinderung als Negativ von Un­versehrtheit.[20] Daher darf Skepsis gegenüber einer politischen Praxis, bei der sich behinderte Menschen in ihrer Interes­senvertretung – auch im Namen der Disability Studies – auf ein kollektives Subjekt, eine imaginäre Gemeinschaft der Behinderten berufen[21], angemeldet werden. Eine solche Praxis würde sich, abgesehen davon, dass in dieser Gemeinschaft eine gemeinsame Identität lediglich unterstellt werden kann,[22] in eindimensionale Identitätspositionen bege­ben. Das heißt, dass dabei die Gruppe der Menschen mit Behinderung weiterhin als die dem bürgerlichen Subjekt gegenüber gestellten Anderen identifiziert werden. Auch bei der Eheschließung des Eingangsbeispiels ist dies offensichtlich der Fall. Dadurch werden hierarchische Verhältnisse jedoch nicht abgebaut, sondern perpetuiert.[23] De Groef hat jüngst darauf hinge­wiesen, dass auf diese Weise für Menschen mit geistiger Behinderung keine angemessenen Formen der Selbstbestimmung entwickelt werden können, da die Orientierung am Modell bürgerlicher Autonomie dies nicht zulässt.[24] Es muss beachtet werden, dass durch die Ausrichtung auf die Figur der bürgerlichen Selbstbestimmung keinesfalls alle bestehenden, offenen oder verdeckten Fremdbestimmungs­verhältnisse von Menschen mit Behinderung adäquat erfasst und bearbeitet werden können. Es besteht die Gefahr, dass der Blick auf die davon ausge­schlossenen Menschen durch diese einseitige Orientierung eher verschleiert als geschärft wird. Auch für Menschen mit geistiger Behinderung geht es darum, selbstbestimmt im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihr Leben führen zu können. Dazu ist jedoch Selbstbestimmung nach unterschiedlichen Formen zu differenzieren,[25] statt zu versuchen, sich möglichst der bürgerlichen Autonomie anzunähern, die ihrerseits ja gerade ihre Bezüge zur Heteronomie abblendet. In der Folge ist auch die Verhältnisbe­stimmung zwischen Selbstbestimmung und Sorge für andere, und zwar einer nicht-bevormundenden Sorge, zu überprü­fen. Fraglich ist, ob die Orientierung an der bürgerlichen Selbstbestimmung das Paradigma der Sorge (im Sinne von Unterstützung/Begleitung/Befähigung) ablösen soll oder ob nicht vielmehr von einem unauflösbaren Span­nungsverhältnis zwischen beiden auszugehen ist.[26]

Wenn die Strategie nicht darin bestehen soll, sich an der Figur der bürgerlichen Selbstbestimmung zu orientieren, welche Alternative bietet sich dann an? Bruner fordert im Anschluss an Judith Butler[27] die Analyse der Lo­gik, in der sich der Prozess der Subjektivation vollzieht.[28] Nach ihr ist die diskursive „Anrufung“ als behinderter Mensch unhintergehbar und er­scheint im Prozess, der zur Subjektposition „behindert“ führt, als Verlust­geschichte.[29]

„Tritt die Behinderung im Verlauf der Biografie auf, ist der Verlust, der mit der Anrufung ‚behindert‘ verbunden ist, kaum zu verdrängen. Wer wir hätten sein können, das ist erinnerbar und bleibt eine begehrenswerte Subjektposition. Aber auch im Falle einer Behinderung von Geburt an, bleibt die andere Seite – der Sta­tus des Nichtbehindert-Seins – stets präsent als das unerreichbare, verlorene An­dere.“[30]

Als weiterführender Ansatz bietet sich hier an, den Fokus auf die Macht gesellschaftlicher Diskurse zu richten und die Herstellung von möglichen Subjektpositionen zu analysieren wie z.B. die Konstruktion des autonomen Subjekts zu kritisieren. Als Folge der Kritik am sozialen Modell von Behinderung wird vorgeschlagen, ein kulturelles Verständnis von Behinderung anzustreben, „in dem der diskursiv geführte Kampf um die Bedeutung(en) von Behinderung in den Blick genommen wird“[31]. Daher sollte dem Zusammenhang von Diskurs und Macht, über den die institutionalisierten Ausgrenzungs- und Diskriminierungsmechanismen realisiert werden, besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden:

„Am Ort der politischen Aktion agieren dann nicht mehr mit sich selbst identische empowerte Subjekte, sondern vielstimmige Diskurse, die situativ und kontextuell Verschiebungen mit je unterschiedlicher Reichweite der Argumente und nicht voraussehbaren Ausgängen erfahren können.“[32]

3.      Zusammenfassung und Ausblick

Im ersten Punkt habe ich das liberale Autonomieverständnis kritisiert. Dieses stellt ein „Missverständnis menschlicher Möglichkeiten“[33] dar. Es ist nicht von vollständig autonomen, sondern teilweise autonomen Personen auszugehen. Wenn eine autonome Person im Kern also nicht als unabhängiges, selbstsuffizientes Selbst zu beschreiben ist, dann muss es darum gehen, wie die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung angesichts oftmals heteronomer Lebensumstände und bestehender Beeinträchtigungen realisiert beziehungsweise gefördert werden kann. Das liberale Autonomieverständnis stellt meines Erachtens keine hinreichende Basis für Gerechtigkeitsansprüche von Menschen mit Behinderung dar, weil es die Messlatte für Selbstbestimmung für viele Menschen mit Behinderung zu hoch legt bzw. zu undifferenziert auflegt.

Was heißt das im Blick auf die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung? Zum einen ist damit angedeutet, dass die Realisierung eines selbstbestimmten Lebensvollzugs von den jeweils vorhandenen Voraussetzungen der Selbstbestimmung abhängig ist und Selbstbestimmung nicht als ideologisches Konzept unterschiedslos für alle Formen von Behinderung in gleicher Weise eingefordert werden kann. Die vielfältigen und unterschiedlichen Formen von psychischer und geistiger Beeinträchtigung legen ein gradualistisches Konzept von Selbstbestimmung nahe, das Differenzierungen danach vornimmt, ob und in welcher Weise im einzelnen Fall die Voraussetzungen für eine selbstbestimmte Lebensführung gegeben sind. Auch Menschen mit einer schweren psychischen oder geistigen Beeinträchtigung möchten ein möglichst erfülltes Leben führen und ihr Welt- und Selbstverhältnis möglichst vorteilhaft gestalten. Im Blick auf diese Menschen müssen Selbstbestimmungsformen differenziert und dementsprechend eine so weit wie möglich selbständige Lebensführung festgelegt werden.

Diese Überlegungen führen zu der Frage, ob nicht über eine Konkretisierung der anthropologischen Voraussetzungen ein leistungsfähigeres Modell von Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderung entwickelt werden könnte. Hierzu müssten die anthropologischen Voraussetzungen nicht nach dem Kriterium der moralischen Urteilsfähigkeit ausgerichtet werden, sondern es wäre bei der Wahrnehmung von Menschen und ihrer Lebensformen anzusetzen, um daran anschließend nach ethischen Konsequenzen zu fragen. So können zum Beispiel Menschen mit schwerer geistiger Beeinträchtigung, die offensichtlich nicht dem Kriterium liberaler Reziprozität entsprechen, trotzdem in intensiven und vielfältigen Formen von Reziprozitätsverhältnissen stehen. Liebevolle, humorvolle, wertschätzende und spielerische Interaktionen sind zwischen Menschen mit geistiger Beeinträchtigung und ihren Bezugspersonen offenkundig gegeben. Ihre Angewiesenheit auf Unterstützung durch andere lässt sich jedoch nicht mit der Idee gesellschaftlicher Kooperation vereinbaren. Weil – dem liberalen Personverständnis entsprechend – zudem Abstriche in Bezug auf ihre moralische Urteilsfähigkeit gemacht werden müssen, kann ihnen zwar ein gewisser Schutz, aber kein voller Bürgerstatus zuerkannt werden. Dies ist meines Erachtens jedoch mit einer Theorie, die soziale Gerechtigkeit begründen möchte, nicht vereinbar.

Wenn Menschen mit Behinderung als Bürger mit gleichen Rechten wie andere Bürger auch angesehen werden, muss ihnen auch der Raum ge­währt werden, ihre Fähigkeiten und Talente entsprechend in die Gesell­schaft einzubringen. Denn die Möglichkeit, seine Talente produktiv anzu­wenden, ist Voraussetzung einer für alle fairen Gesellschaftsordnung. Die Vergleichsbasis bezieht sich dann nicht mehr auf ein als Norm festgesetz­tes Maß an Leistungsfähigkeit, sondern auf das Möglichkeitenspektrum der individuellen Talentausübung, in dem Menschen gleichgestellt werden sollen. Dieser Perspektivwechsel ist ganz entscheidend, denn statt Men­schen mit Behinderung als „mangelhafte“ oder „beschädigte“ Wesen anzu­sehen, die durch hohen Mitteleinsatz auf das „normale“ Maß gebracht werden müssen, werden sie nun als gleichwertige Menschen ernst genommen.[34] Teilhabe als kulturelle Gleichwertigkeit bedingt daher, glei­che Wertschätzung für individuell unterschiedliche Lebenssituationen und Lebensentwürfe zu geben.[35] Sie ist zu unterscheiden von Forderungen nach gleichen Rechten bürgerlicher Partizipation, so habe ich im zweiten Punkt ausgeführt.

Deshalb ist meiner Meinung nach ein ethischer Ansatz notwendig, der Menschen mit Behinderung als solche, und nicht nach den Grundlagen einer Vertragstheorie, wahrnimmt und anerkennt. Die Überschreitung der liberalen Grundannahmen auf eine mehr an den faktischen Lebensmöglichkeiten und Einschränkungen orientierten Sicht des Subjekts deutet sich als Lösungsweg an. Eine differenziertere Analyse seiner Selbstbestimmungsmöglichkeiten und deren Begründung etwa im Fall kognitiver Beeinträchtigungen eines Menschen stellt eine der Herausforderungen eines erweiterten Liberalismus dar, um die evaluativen Idealvorstellungen des Liberalismus mit seinen impliziten Abwertungen zu vermeiden, ohne dabei freilich hinter die mit dem liberalen Personenverständnis verbundenen Rechte und Pflichten zurückzufallen.

Literatur

·        Claudia Franziska Bruner, Körperspuren. Zur Dekonstruktion von Körper und Behinderung in  biografischen Erzählungen von Frauen, Bielefeld 2005.

·        Judith Butler, Psyche der Macht. Das Subjekt der Unterwerfung, Frankfurt a. M. 2001.

·        Johannes Eurich, Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderung. Ethische Reflexionen und sozialpolitische  Perspektiven. Frankfurt a. M., New York 2008.

·        Sigrid Graumann, Sind ‚Biomedizin‘ und ‚Bioethik‘ behindertenfeindlich? Ein Versuch, die Anliegen der  Behindertenbewegung für die ethische Diskussion fruchtbar zu machen, in: Ethik in der Medizin  15/2003, H. 3, S. 161–170.

·        Heidrun Graupner, Wenn Liebe nicht ausreicht, in: Süddeutsche Zeitung vom 24.2.09, S. 3.

·        Johan de Groef, „Wo Heteronomie war, soll Autonomie werden? Geistig Behinderte spiegeln uns, was es  bedeutet, ein verlangendes Subjekt zu sein“, in: Bernd Ahrbeck, Bernhard Rauh (Hg.),  Behinderung zwischen Autonomie und Angewiesensein, Stuttgart 2004, S. 145–155.

·        Axel Honneth, Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte, Frankfurt a.M.  1998.

·        Axel Honneth, Das Andere der Gerechtigkeit, Frankfurt a.M. 2000.

·        Dieter Katzenbach, Anerkennung, Missachtung und geistige Behinderung. Sozialphilosophische  Perspektiven auf den so genannten Perspektivenwechsel in der Behindertenpädagogik, in: Bernd  Ahrbeck/Bernhard Rauh (Hg.), Behinderung zwischen Autonomie und Angewiesen¬sein,  Stuttgart 2004, S. 127–144.

·        Klaus-Peter Köpping/Michael Welker/Reiner Wiehl (Hg.), Die autonome Person – eine europäische  Erfindung? München 2002.

·        Hans-Peter Müller/Bernd Wegener, Die Soziologie vor der Gerechtigkeit. Konturen einer soziologischen  Gerechtigkeitsforschung, in: dies. (Hg.), Soziale Ungleichheit und soziale Gerechtigkeit. Opladen  1995, S. 7-49.

·        Bernd Ladwig, Gerechtigkeit und Verantwortung. Liberale Gleichheit für autonome Personen, Berlin 2000.

·        Dietmar Mieth, Behinderte in ihrer Differenz anerkennen: Selbstbilder empfangen, Respekt erweitern,  Fürsorge verstärken, in: Sigrid Graumann u.a. (Hg.), Behinderung und Ethik. Ein  Perspektivenwechsel, Frankfurt a.M./New York 2004, S. 92–98.

·        Martha C. Nussbaum, Frontiers of Justice. Disability, Nationality, Species Membership, Cambridge,  MA/London 2006.

·        John Rawls, A Theory of Justice, Cambridge/Mass. 1971 (dt.: Eine Theorie der Gerechtigkeit, übers. v. H. Vetter,  4. Aufl., Frankfurt a.M. 1988).

·        John Rawls, Political Liberalism (The John Dewey Essays in Philosophy 4), 4. Ed., New York 1993.

·        Michael Sandel, Liberalism and the Limits of Justice, 2. Ed., Cambridge 1998.

·        Amartya K. Sen, Equality of What?, in: ders., Choice, Welfare and Measurement, Oxford 1982, S. 353–369.

·        Amartya K. Sen/Martha C. Nussbaum (ed.), The Quality of Life, Oxford 1993.

·        Anita Silvers, Formal Justice, in: dies./David Wasserman/Mary B. Mahowald, Disability, Difference,  Discrimination. Perspectives on Justice in Bioethics and Public Policy, Lanham/Oxford 1998, S.  13–145.

·        Jürgen Straub, Personale Identität und Autonomie. Eine moderne Subjekttheorie und das „postmoderne  Selbst“, in: Klaus-Peter Köpping/Michael Welker/Reiner Wiehl (Hg.), Die autonome Person – eine  .europäische Erfindung?, München 2002, S. 255–271

·        Jan Weisser, Behinderung, Ungleichheit und Bildung. Eine Theorie der Behinderung, Bielefeld 2005.

·        Wolf Wolfensberger, Die Entwicklung des Normalisierungsgedankens in den USA und in Kanada, in:  Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. (Hg.), Normalisierung – eine Chance für Menschen mit  geistiger Behinderung. Bd. 14. Marburg 1986, S. 45–62.



[1] Heidrun Graupner, Wenn Liebe nicht ausreicht, in: Süddeutsche Zeitung vom 24.2.09, S. 3.

[2] Ebd.

[3] Ebd.

[4] Ebd.

[5] Hans-Peter Müller/Bernd Wegener, Die Soziologie vor der Gerechtigkeit. Konturen einer soziologischen Gerechtigkeitsforschung, in: dies. (Hg.), Soziale Ungleichheit und soziale Gerechtigkeit. Opladen 1995, S. 7-49, S. 10.

[6] Ebd.

[7] Vgl. Johannes Eurich, Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderung. Ethische Reflexionen und sozialpolitische Perspektiven. Frankfurt/Main, New York 2008, S. 41ff.

[8] Vgl. Amartya K. Sen, Equality of What?, in: ders., Choice, Welfare and Measurement, Oxford 1982, S. 353-369; Amartya Sen/Martha C. Nussbaum (ed.), The Quality of Life, Oxford 1993.

[9] Klaus-Peter Köpping/Michael Welker/Reiner Wiehl (Hg.), Die autonome Person – eine europäische Erfindung? München 2002.

[10] John Rawls, A Theory of Justice, Cambridge/Mass. 1971 (dt.: Eine Theorie der Gerechtigkeit, übers. v. H. Vetter, 4. Aufl., Frankfurt a.M. 1988).

[11] Vgl. John Rawls, Political Liberalism (The John Dewey Essays in Philosophy 4), 4. Ed., New York 1993, S. 32.

[12] Vgl. Michael Sandel, Liberalism and the Limits of Justice, 2. Ed., Cambridge 1998; Axel Honneth, Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte, Frankfurt a.M. 1998; ders., Das Andere der Gerechtigkeit, Frankfurt a.M. 2000.

[13] Vgl. Eurich, Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderung, S. 76ff.

[14] Bernd Ladwig, Gerechtigkeit und Verantwortung. Liberale Gleichheit für autonome Personen, Berlin 2000, S. 86 (Hervorh. i.O.).

[15] Vgl. Martha C. Nussbaum, Frontiers of Justice. Disability, Nationality, Species Membership, Cambridge, MA/London 2006, S. 135.

[16] Graupner, Wenn Liebe nicht ausreicht.

[17] Anita Silvers, Formal Justice, in: dies./David Wasserman/Mary B. Mahowald, Disability, Difference, Discrimination. Perspectives on Justice in Bioethics and Public Policy, Lanham/Oxford 1998, S. 13–145, S. 34f.

[18] Vgl. Wolf Wolfensberger, Die Entwicklung des Normalisierungsgedankens in den USA und in Kanada, in: Bundesvereinigung Lebenshilfe e.V. (Hg.), Normalisierung – eine Chance für Menschen mit geistiger Behinderung. Bd. 14. Marburg 1986, S. 45–62, S. 48.

[19] Vgl. Dietmar Mieth, Behinderte in ihrer Differenz anerkennen: Selbstbilder empfangen, Respekt erweitern, Fürsorge verstärken, in: Sigrid Graumann u.a. (Hg.), Behinderung und Ethik. Ein Perspektivenwechsel, Frankfurt a.M./New York 2004, S. 92–98, S. 94.

[20] Vgl. hierzu Jan Weisser, Behinderung, Ungleichheit und Bildung. Eine Theorie der Behinderung, Bielefeld 2005, S. 18, der Differenz im Sinne eines logischen Kalküls (ähn­lich der 0/1-Differenz der Informationstechnologie) auffasst und beide Seiten der Diffe­renz als zwei Seiten derselben Form begreift: „Eine Bezeichnung der einen Seite bringt die andere nicht zum Verschwinden, sondern lässt sie als die nicht bezeichnete Seite mitlaufen. Sie ist, bildlich, als ihr Schatten anwesend. Wenn also von Behinderung ge­sprochen wird, so läuft die andere Seite – Nichtbehinderung – mit (und eben nicht ‚Normalität‘ oder ‚Krankheit‘).“ (Ebd.).

[21] Claudia Franziska Bruner, Körperspuren. Zur Dekonstruktion von Körper und Behinderung in biografischen Erzählungen von Frauen, Bielefeld 2005, S. 74 (Hervorh. J.E.).

[22] Vgl. a.a.O., S. 293: „An dieser Vorstellung kollektiver Identität hegte ich aus mindestens zwei Gründen meine Zweifel. Zum einen wollte sich mir schon angesichts der körperli­chen und sozialen Heterogenität zwischen ›uns‹ Menschen mit Behinderung das Gefühl kollektiver Identität nicht recht einstellen, zum anderen gab der empirische Blick auf die zentralen gesellschaftlich wirksamen Differenzkategorien den Blick frei auf die Wider­sprüche, Brüche und Ungleichzeitigkeiten, denen homogene Identitätsentwürfe und -as­soziationen ausgesetzt sind.“

[23] Vgl. a.a.O., S. 64.

[24] Vgl. Johan de Groef, „Wo Heteronomie war, soll Autonomie werden? Geistig Behinderte spiegeln uns, was es bedeutet, ein verlangendes Subjekt zu sein“, in: Bernd Ahrbeck, Bernhard Rauh (Hg.), Behinderung zwischen Autonomie und Angewiesensein, Stuttgart 2004, S. 145–155.

[25] Vgl. Eurich, Gerechtigkeit für Menschen mit Behinderung, S. 153ff.

[26] Vgl. Dieter Katzenbach, Anerkennung, Missachtung und geistige Behinderung. Sozialphilosophische Perspektiven auf den so genannten Perspektivenwechsel in der Behindertenpädagogik, in: Bernd Ahrbeck/Bernhard Rauh (Hg.), Behinderung zwischen Autonomie und Angewiesensein, Stuttgart 2004, S. 127–144, S. 127.

[27] Vgl. Judith Butler, Psyche der Macht. Das Subjekt der Unterwerfung, Frankfurt am Main 2001.

[28] Vgl. Bruner, Körperspuren, S. 67ff., besonders S. 75.

[29] Vgl. a.a.O., S. 76f.

[30] A.a.O., S. 77.

[31] A.a.O., S. 294.

[32] A.a.O., S. 295.

[33] Jürgen Straub, Personale Identität und Autonomie. Eine moderne Subjekttheorie und das „postmoderne Selbst“, in: Klaus-Peter Köpping/Michael Welker/Reiner Wiehl (Hg.), Die autonome Person – eine europäische Erfindung?, München 2002, S. 255–271, S. 266.

[34] Es sollte deutlich sein, dass der Gedanke der kulturellen Gleichwertigkeit nicht dazu benutzt werden darf, Unterstützungsleistungen zurückzufahren, da nun behinderte Menschen nicht mehr an ein bestimmtes Leistungsniveau herangeführt werden müssten. Statt Zuteilung der Mittel nach der Norm eines „normalen“ Leistungsniveaus sollten die Mittel vielmehr so eingesetzt werden, dass sie behinderten Menschen Teilhabechancen nach Maßgabe ihrer individuellen Situation ermöglichen.

[35] Vgl. Sigrid Graumann, Sind ‚Biomedizin‘ und ‚Bioethik‘ behindertenfeindlich? Ein Versuch, die Anliegen der Behindertenbewegung für die ethische Diskussion fruchtbar zu machen, in: Ethik in der Medizin 15/2003, H. 3, S. 161–170, S. 161.